Alle Schweizer sind Patrioten, scheint mir. Man schaue sich nur an, wie dort Schweiz-Produkte (T-Shirts, Socken, Tassen, Taschen, etc.) vermarktet werden. Das wäre in Deutschland nicht denkbar, und ich glaube, das ist auch gut so, weil der deutsche Patriotismus nicht nur in der Vergangenheit, sondern auch meist in heutiger Zeit einem Minderwertigkeitskomplex entspringt bzw. entsprungen ist. Daraus resultiert dann oft ein "Wir-sind-aber-besser-als-Ihr"- anstatt eines "Wir-sind-toll"-Patriotismus.
@ raducanu
"alle schweizer sind patrioten" - meinst du? da bin ich nicht so überzeugt davon! für mich hat z.b. die vermarktung dieser dinge nur indirekt mit patriotismus zu tun (ist für mich eher eine geldmacherei zu lasten des patriotismus...egal, ich mache ja auch mit *g*)
den zustand, den du für deutschland beschreibst, finde ich sehr treffend - von dem wenigen, von dem ich das beurteilen kann....
Nur weil Deutschland den Krieg verloren hat und der 2. Wk aus unlauteren Motiven begonnen wurde heißt das nicht dass mein Patriotismus zwangsweise aus niederen Motiiven und seltsamen Ansichten bestehen muss. Ich habe in der Beziehung sicher kein Minderwertigkeitskomplex.
Und ich bitte Nationalismus und Patriotismus streng zu trennen. Wer glaubt andere wären schlechter ist Nationalist und kein Patriot.
Ich bin deutscher Patriot, was nicht heißt dass ich andere Nationen nicht zugestehe auf sich selbst stolz sein zu dürfen.
Wer glaubt andere wären schlechter ist Nationalist und kein Patriot.
Da stimme ich Dir vollkommen zu. Mir ging es auch nicht darum, (deutschen) Patriotismus mit Nationalismus gleichzusetzen.
Ich wollte auch nicht sagen, dass zwangsweise jede Form von Patriotismus in Deutschland aus niederen Motiven entspringt. Ich finde aber den momentanen Hype, um den neu- bzw. zurückgewonnenen Patriotismus zwiespältig.
Einerseits finde ich es sehr schön, die momentane positive Stimmung im Land zu erleben, wozu sicher auch die vielen Deutschland-Fahnen gehören. Wenn die Fahnen nur den Bezug zum Fußball haben - schließlich ist das ein Phänomen, das während der WM aufgetreten ist -, dann ist das alles in Ordnung. Man freut sich, ein solches Volksfest im eigenen Land veranstalten zu dürfen und freut sich ebenso darüber, dass die eigene Nationalmannschaft leidenschftlich und herzerfrischend Fußball spielt (was nicht immer der Fall war).
In diesem Sinne bin ich auch ein Patriot. Auch bin ich froh darüber, in diesem Land zu leben, weil das politische System stabil und intakt ist. Ebenso bin ich dankbar dafür, in einem Land geboren zu sein, in dem es mir materiell gut geht und ich nicht Hunger leiden muss. Ich finde auch, dass ich in einem Land lebe mit vielen unterschiedlichen und sehr schönen landschaftlichen Regionen.
Nun zur (möglicherweise) problematischen Seite des neuen Patriotismus: Mir gefällt das ständige Heraus- und Zurschaustellen, das Betonen des neuen Selbstbewusstseins nicht. Warum muss man immer wieder betonen, dass wir nun endlich ganz unbeschwert unseren Patriotismus feiern können? Es geht geradezu ein Aufatmen durch das Land. "Endlich dürfen wir uns wieder zu unserem Land bekennen, wo man uns das doch immer verboten hat. Immer waren wir die bösen Deutschen."
Das ist wieder ein Patriotismus, der aus einem Minderwertigkeitskomplex resultiert, was nicht heißen muss, dass er dahin führt, wo wir schon einmal waren. Aber es ist schon seltsam, dass man, wenn man davor warnt, als Spielverderber bezeichnet wird. Wenn man sagt, dass man nicht stolz darauf sei, Deutscher zu sein, wird man angeschaut, als sei man von einem anderen Stern oder man wir als "Vaterlandsverräter" bezeichnet. Bis 1989 hätte man gesagt: "Geh doch nach drüben."
Wir haben aufgrund unserer Geschichte nun einmal die Verantwortung, zu verhindern, dass noch einmal ähnliches passiert wie in der ersten Hälfte des letzten Jahrhunderts. Geradezu reflexartig konnte man in den letzten zwei bis drei Jahrzehnten ein Aufstöhnen hören, wenn man an die Zeit des deutschen Faschismus erinnerte. Ganz nach dem Motto: "Was hab ich denn damit zu tun?" "Ich kann es nicht mehr hören." "Irgendwann muss doch mal Schluss damit sein." Nein, es sollte und muss daran erinnert werden, wieviel Unglück einmal von Deutschen ausging. Damit es nicht wieder passiert.
Man sollte den Deutschen ihren neuen Patriotismus lassen, aber man sollte ihn ganz genau beobachten und sich darüber bewusst sein, dass es im deutschen Volk auch ein gewisses Potential für übersteigerten Patriotismus, Nationalismus, Fremdenfeindlichkeit und Antisemitismus gibt. Das gibt es auch in anderen Nationen, aber ich bin nun eben einmal Deutscher und dafür (mit)verantwortlich, was in meinem Land passiert. Unterschätzen sollte man das alles nicht, und ich habe die Befürchtung, dass dies sowie die deutsche Vergangenheit in Vergessenheit gerät. Deshalb habe ich ein zwiespältiges Gefühl bzgl. der neuen Nationaleuphorie.
Ein Beispiel, wie schnell so etwas kippen kann: Das EM-Finale von 1996 schaute ich auf Großleinwand auf einem kleinen Volksfest. Die Stimmung war gut und friedlich. Nachdem Deutschland Europameister geworden war, gng es feucht-fröhlich weiter. Es wurde viel gesungen. Irgendwann stimmte eine Gruppe Jugendlicher die Natinalhymne an, sang aber nicht nur die dritte Strophe, sondern auch die erste. Später folgten ausländerfeindliche Parolen. Das tat der Stimmung keinen Abbruch, es gröhlten auch Menschen mit, die im Alltag ganz normale Menschen sind und nicht durch faschichtisches oder fremdenfeindliches Geschwätz auffallen. Diejenigen, die nicht mitgröhlten, unternahmen auch nichts dagegen, schauten dem ganzen Treiben teilweise amüsiert zu.
1996 - irgendwo mitten in Deutschland.
kleiner Exkurs für nicht-Deutsche wie mich - die Geschichte der deutschen Nationalhymne. (Warum machen die nicht einfach eine neue? Haben wir damals auch gemacht, als wir noch die gleiche Melodie wie die Engländer hatten)
Es sieht sicher kaum jemand eine Notwendigkeit, sich eine neue Hymne zu suchen. Dazu kommt der Umstand, dass die Deutschen eher konservativ sind. Das würden die wenigsten befürworten.
Mir wär's egal, aber mir bedeuten nationale Symbole auch nichts.
"alle schweizer sind patrioten" - meinst du? da bin ich nicht so überzeugt davon! für mich hat z.b. die vermarktung dieser dinge nur indirekt mit patriotismus zu tun (ist für mich eher eine geldmacherei zu lasten des patriotismus...egal, ich mache ja auch mit *g*)
den zustand, den du für deutschland beschreibst, finde ich sehr treffend - von dem wenigen, von dem ich das beurteilen kann....
wieso hast du zwiespältige gefühle?
Nur weil Deutschland den Krieg verloren hat und der 2. Wk aus unlauteren Motiven begonnen wurde heißt das nicht dass mein Patriotismus zwangsweise aus niederen Motiiven und seltsamen Ansichten bestehen muss. Ich habe in der Beziehung sicher kein Minderwertigkeitskomplex.
Und ich bitte Nationalismus und Patriotismus streng zu trennen. Wer glaubt andere wären schlechter ist Nationalist und kein Patriot.
Ich bin deutscher Patriot, was nicht heißt dass ich andere Nationen nicht zugestehe auf sich selbst stolz sein zu dürfen.
Wer glaubt andere wären schlechter ist Nationalist und kein Patriot.
Da stimme ich Dir vollkommen zu. Mir ging es auch nicht darum, (deutschen) Patriotismus mit Nationalismus gleichzusetzen.
Ich wollte auch nicht sagen, dass zwangsweise jede Form von Patriotismus in Deutschland aus niederen Motiven entspringt. Ich finde aber den momentanen Hype, um den neu- bzw. zurückgewonnenen Patriotismus zwiespältig.
Einerseits finde ich es sehr schön, die momentane positive Stimmung im Land zu erleben, wozu sicher auch die vielen Deutschland-Fahnen gehören. Wenn die Fahnen nur den Bezug zum Fußball haben - schließlich ist das ein Phänomen, das während der WM aufgetreten ist -, dann ist das alles in Ordnung. Man freut sich, ein solches Volksfest im eigenen Land veranstalten zu dürfen und freut sich ebenso darüber, dass die eigene Nationalmannschaft leidenschftlich und herzerfrischend Fußball spielt (was nicht immer der Fall war).
In diesem Sinne bin ich auch ein Patriot. Auch bin ich froh darüber, in diesem Land zu leben, weil das politische System stabil und intakt ist. Ebenso bin ich dankbar dafür, in einem Land geboren zu sein, in dem es mir materiell gut geht und ich nicht Hunger leiden muss. Ich finde auch, dass ich in einem Land lebe mit vielen unterschiedlichen und sehr schönen landschaftlichen Regionen.
Nun zur (möglicherweise) problematischen Seite des neuen Patriotismus: Mir gefällt das ständige Heraus- und Zurschaustellen, das Betonen des neuen Selbstbewusstseins nicht. Warum muss man immer wieder betonen, dass wir nun endlich ganz unbeschwert unseren Patriotismus feiern können? Es geht geradezu ein Aufatmen durch das Land. "Endlich dürfen wir uns wieder zu unserem Land bekennen, wo man uns das doch immer verboten hat. Immer waren wir die bösen Deutschen."
Das ist wieder ein Patriotismus, der aus einem Minderwertigkeitskomplex resultiert, was nicht heißen muss, dass er dahin führt, wo wir schon einmal waren. Aber es ist schon seltsam, dass man, wenn man davor warnt, als Spielverderber bezeichnet wird. Wenn man sagt, dass man nicht stolz darauf sei, Deutscher zu sein, wird man angeschaut, als sei man von einem anderen Stern oder man wir als "Vaterlandsverräter" bezeichnet. Bis 1989 hätte man gesagt: "Geh doch nach drüben."
Wir haben aufgrund unserer Geschichte nun einmal die Verantwortung, zu verhindern, dass noch einmal ähnliches passiert wie in der ersten Hälfte des letzten Jahrhunderts. Geradezu reflexartig konnte man in den letzten zwei bis drei Jahrzehnten ein Aufstöhnen hören, wenn man an die Zeit des deutschen Faschismus erinnerte. Ganz nach dem Motto: "Was hab ich denn damit zu tun?" "Ich kann es nicht mehr hören." "Irgendwann muss doch mal Schluss damit sein." Nein, es sollte und muss daran erinnert werden, wieviel Unglück einmal von Deutschen ausging. Damit es nicht wieder passiert.
Man sollte den Deutschen ihren neuen Patriotismus lassen, aber man sollte ihn ganz genau beobachten und sich darüber bewusst sein, dass es im deutschen Volk auch ein gewisses Potential für übersteigerten Patriotismus, Nationalismus, Fremdenfeindlichkeit und Antisemitismus gibt. Das gibt es auch in anderen Nationen, aber ich bin nun eben einmal Deutscher und dafür (mit)verantwortlich, was in meinem Land passiert. Unterschätzen sollte man das alles nicht, und ich habe die Befürchtung, dass dies sowie die deutsche Vergangenheit in Vergessenheit gerät. Deshalb habe ich ein zwiespältiges Gefühl bzgl. der neuen Nationaleuphorie.
Ein Beispiel, wie schnell so etwas kippen kann: Das EM-Finale von 1996 schaute ich auf Großleinwand auf einem kleinen Volksfest. Die Stimmung war gut und friedlich. Nachdem Deutschland Europameister geworden war, gng es feucht-fröhlich weiter. Es wurde viel gesungen. Irgendwann stimmte eine Gruppe Jugendlicher die Natinalhymne an, sang aber nicht nur die dritte Strophe, sondern auch die erste. Später folgten ausländerfeindliche Parolen. Das tat der Stimmung keinen Abbruch, es gröhlten auch Menschen mit, die im Alltag ganz normale Menschen sind und nicht durch faschichtisches oder fremdenfeindliches Geschwätz auffallen. Diejenigen, die nicht mitgröhlten, unternahmen auch nichts dagegen, schauten dem ganzen Treiben teilweise amüsiert zu.
1996 - irgendwo mitten in Deutschland.
Mir wär's egal, aber mir bedeuten nationale Symbole auch nichts.